Der Großhandel befindet sich in einem radikalen Wandel: Digitalisierung, veränderte Kundenerwartungen und der wachsende Wettbewerbsdruck zwingen Unternehmen dazu, ihre Strategien zu überdenken. Eines der wichtigsten Schlagworte in diesem Kontext ist „Omnichannel“. Doch was bedeutet Omnichannel im Großhandel konkret – und warum ist es gerade jetzt so wichtig, sämtliche Verkaufskanäle effektiv miteinander zu verzahnen?
In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die Relevanz des Omnichannel-Ansatzes für den Großhandel und erläutern, wie eine ganzheitliche Vernetzung von Vertriebskanälen entscheidende Wettbewerbsvorteile schaffen kann.
Was bedeutet Omnichannel im Großhandel?
Der Begriff „Omnichannel“ beschreibt eine Vertriebsstrategie, bei der sämtliche Verkaufskanäle – ob stationär, online oder mobil – nahtlos miteinander verbunden sind. Anders als beim Multi-Channel-Ansatz, bei dem verschiedene Kanäle nebeneinander existieren, aber unabhängig voneinander funktionieren, zielt Omnichannel auf ein integriertes, durchgängiges Kundenerlebnis ab. Im Großhandel bedeutet dies konkret:
- Online-Shop, stationärer Handel, Außendienst und Kundenservice greifen nahtlos ineinander.
- Alle Kanäle greifen auf dieselben Daten zu.
- Die Customer Journey kann flexibel auf verschiedenen Kanälen starten und enden.
Ein Kunde kann also beispielsweise online nach Produkten recherchieren, anschließend mit dem Außendienst Kontakt aufnehmen und letztlich im stationären Handel bestellen, ohne dass dabei Informationen verloren gehen oder Brüche entstehen.
Warum Omnichannel im Großhandel so entscheidend ist
Die Vorteile einer solcher Vertriebsstrategie für Kunden sind sofort ersichtlich – aber auch für den Großhandel selbst ist Omnichannel vorteilhaft, vielleicht sogar entscheidend:
1. Veränderte Kundenerwartungen erfordern Flexibilität
Bereits 2019 waren 80% der befragten Experten bei der Studie „Online-Kaufverhalten im B2B-E-Commerce“ von ibi research an der Universität Regensburg der Meinung, B2B-Shops müssten sich zunehmend an den Funktionen und dem Komfort von B2C-Shops orientieren. Als Hauptgründe werden die Bequemlichkeit, Schnelligkeit und größere Auswahl genannt, die Geschäftskunden sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Umfeld erwarten. Sie möchten unabhängig von Ort, Zeit und Endgerät auf Informationen, Bestände, Preise und Lieferzeiten zugreifen können. Wer diese Erwartungen nicht erfüllt, läuft Gefahr, Kunden an flexiblere Wettbewerber zu verlieren
Omnichannel-Lösungen ermöglichen genau diese Flexibilität: Sie erlauben den Kunden eine nahtlose Interaktion über mehrere Kanäle hinweg und sichern dadurch ein positives Kundenerlebnis.
2. Nahtlose Prozesse schaffen Effizienzvorteile
Durch eine kanalübergreifende Verzahnung ergeben sich zahlreiche Effizienzgewinne. Wenn beispielsweise Bestände kanalübergreifend synchronisiert werden, lassen sich Doppelbestände reduzieren, Lagerkosten senken und Fehlbestände minimieren. Gleichzeitig werden Auftragsbearbeitung und Kundenkommunikation schneller, transparenter und fehlerfreier.
Durch automatisierte Prozesse und bessere Datennutzung reduziert der Omnichannel-Ansatz zudem die interne Fehlerquote. Dadurch profitieren nicht nur die Kunden, sondern auch die internen Abläufe und damit letztlich die Profitabilität.
3. Bessere Datenqualität und Kundenkenntnis
Ein weiterer entscheidender Vorteil ist die verbesserte Datenerfassung. Im Omnichannel-Vertrieb werden Kundeninformationen zentral gesammelt und ausgewertet. Statt fragmentierter Daten erhalten Händler somit ein umfassendes Bild über das Kaufverhalten, die Bedürfnisse und Vorlieben ihrer Kunden. Dies erlaubt gezielte Marketing- und Verkaufsaktivitäten sowie eine personalisierte Kundenansprache.
In der Praxis bedeutet dies beispielsweise, dass Großhändler gezielt auf den individuellen Bedarf ihrer Kunden eingehen und passende Cross- und Upselling-Angebote erstellen können.
Praxisbeispiele: So funktioniert Omnichannel im Großhandel
Um die konkreten Vorteile des Omnichannel-Ansatzes zu verdeutlichen, lohnt ein Blick auf erfolgreiche Praxisbeispiele:
- Baustoffhandel: Ein Kunde informiert sich zunächst online über aktuelle Lagerbestände eines Baustoffs, vereinbart anschließend über eine App einen Termin mit dem Außendienst und gibt letztlich telefonisch oder über den Webshop seine Bestellung auf – sämtliche Interaktionen sind nahtlos integriert.
- Lebensmittelgroßhandel: Kunden bestellen über Online-Kanäle, können Lieferungen flexibel in der Filiale abholen oder spontan zusätzliche Produkte vor Ort hinzukaufen – durch verknüpfte Systeme werden diese Prozesse optimal gesteuert.
In beiden Fällen sind Kundenzufriedenheit und Umsätze deutlich gestiegen, während Kosten und Fehlerraten gesenkt wurden.
Herausforderungen bei der Umsetzung von Omnichannel im Großhandel
Bei der Implementierung von Omnichannel im Großhandel einige Herausforderungen zu beachten:
- Technologische Integration: Bestehende Systeme müssen so verknüpft werden, dass Daten in Echtzeit zur Verfügung stehen. Das erfordert umfassende Investitionen und Anpassungen – oder eine clevere Auswahl der verwendeten Lösungen. Die Shoplösung gevis COMMERCE | FORESIGHT beispielsweise bietet eine native Anbindung an ERP-Systeme.
- Prozessoptimierung: Es reicht nicht, neue Technologie einzuführen. Unternehmensprozesse müssen konsequent auf eine kanalübergreifende Ausrichtung hin optimiert werden.
- Change-Management: Auch kulturelle Aspekte dürfen nicht unterschätzt werden. Mitarbeiter müssen die neue Philosophie verinnerlichen und aktiv mittragen. Schulungen und klare Kommunikation sind hierfür entscheidend.
Wer diese Herausforderungen frühzeitig adressiert, schafft langfristige Wettbewerbsvorteile.
Schritte zur erfolgreichen Umsetzung einer Omnichannel-Strategie
Für Großhändler, die eine Omnichannel-Strategie erfolgreich umsetzen wollen, empfiehlt sich folgender Fahrplan:
- Analyse der bestehenden Kanäle und Prozesse: Welche Kanäle nutzen Ihre Kunden derzeit, und wie sind diese miteinander verzahnt?
- Definition der Ziele und Zielgruppen: Welche Erwartungen haben Ihre Kunden? Wie sieht die optimale Customer Journey aus?
- Auswahl geeigneter Technologie: Wählen Sie Systeme, die eine kanalübergreifende Datenintegration ermöglichen.
- Schrittweise Implementierung: Starten Sie mit Pilotprojekten und skalieren Sie erfolgreiche Ansätze nach und nach im Unternehmen.
- Laufende Optimierung: Nutzen Sie Kundenfeedback, Kennzahlen und Datenanalysen zur kontinuierlichen Verbesserung.
Fazit: Omnichannel im Großhandel ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit
Die konsequente Verzahnung der Verkaufskanäle ist heute kein optionaler Ansatz mehr – sondern ein Muss für jeden zukunftsorientierten Großhändler. Wer seine Kanäle nicht vernetzt, verschenkt wertvolle Potenziale in den Bereichen Effizienz, Kundenbindung und Umsatzsteigerung.
Großhändler, die ihre Kunden mit einer nahtlosen, kanalübergreifenden Kauferfahrung überzeugen können, positionieren sich hingegen optimal für die Zukunft. Sie profitieren von zufriedeneren Kunden, geringeren Kosten und nachhaltig höheren Gewinnen. Deshalb gilt es jetzt zu handeln und den Omnichannel im Großhandel aktiv voranzutreiben.